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28. Dezember 1944
icon.crdate27.12.2024
Informationen und Gedenkveranstaltung
Am 28. Dezember 1944 starteten 480 schwere Bomber der 15. US-Luftflotte zu Angriffen in Norditalien und Deutschland. Die „Field Order Nr. 820 A“ nennt den Ölhafen und Anlagen der Stadt Regensburg als Angriffsziel. Der Verband setzte sich aus der 2., 97., 99., 301., 463. und 483. BG (Bombergruppe) zusammen. Insgesamt hatten die 135 B-17 Bomber 1537 Bomben (= 346 t Sprengstoff) an Bord. 188 Bomben = 41,85 t fielen am 28. Dezember 1944 um 12:05 Uhr auf Nittenau. Die Turmuhr blieb zu dieser Zeit stehen.
Der Angriffsverband kam von Italien über den Millstädter See, Wallern, Domazlice zum Initial Point (IP) Neunburg vorm Wald.
Die PFF-Navigation-Analysis (PFF = Pathfinder Force) ergab folgendes: Die 463. BG sollte um 12:00 Uhr in 24 000 Fuß bei einer Angriffsachse von 208 Grad am Ziel sein. Tatsächlich war es 12:05 Uhr in 24 000 Fuß und 210 Grad.
Die 463. BG startete den Angriff ab IP Neunburg im Autopilot. Der Bombardier übernahm als er dachte, er hätte das Ziel identifiziert. Aber durch den dichten Dunstschleier und dem Irrtum bei der Zielerkennung wurden die Bomben auf das falsche Ziel ausgelöst, kurz vor dem ursprünglich angegebenen Ziel (10 – 12 miles = 16 – 19 km).
Bombardierung: Höhe 24 000 Fuß
Geschwindigkeit: 145 MPH on autopilot (PFF = Pathfinder Force)
Dauer: 300 sec.
Anzahl der Bomben: 188 Stück (250 kg)
Anzahl der B-17 Bomber: 16 Stück
Angriffsauswertung: Bomben konzentriert auf den Südost-Teil der Stadt – keine Schäden an militärischen Objekten sichtbar.
Mickey Report: „Very poor run“
Bis heute hält sich das Gerücht hartnäckig, dass an diesem Tag aufgrund des dichten Wolkenschleiers die Sicht versperrt war und deshalb die Bombardierung zu früh ausgelöst wurde. Doch die Aussage des Piloten widerspricht sich mit zahlreichen Zeitzeugeninformationen.
Das Erlebnis der Postangestellten Juliana Hartl, geb. Pöllinger, Alte Regensburger Straße 2 (Postamt Nittenau):
"Es war der 28. Dezember 1944 mittags 12 Uhr, ein Bilderbuchwetter. Ich wurde abgelöst von einem Kollegen. Er kam herein und sagte: "Schau, wie schön heute die Flieger sind und so groß und ziehen lange Schwänze." Ich ging hinaus aber gleich wieder zurück und meinte: "Das schaut mir zu gefährlich aus, und ich gehe jetzt nicht raus."
Kaum hab ich das gesagt, kamen auch schon die Fenster, Türen und Steine geflogen. Dann meinten die Kollegen: "Wir müssen zur Familie heim und du bleibst da." Welche Angst ich hatte.
Aber was blieb mir übrig - dann machte ich mich halt an die Arbeit und suchte aus dem Schutt, was ich mit blanken Händen schaffte, nach Geld, Päckchen und Briefen, was noch zu retten und zu finden war. Endlich, nach 2 Stunden, kam ein Kollege zurück und löste mich ab."
Und auch der Mitbürger Ewald Tonollo konnte sich noch gut an diesen Tag erinnern:
"Schon in aller Frühe musste ich in die 1km entfernte Pfarrkirche zum Ministrieren. Nach dem Gottesdienst sagte Kooperator Maier in der Sakristei zu mir: "Kommst du heute Vormittag zu mir, um mein Fahrrad zu putzen?" Ich musste diese Bitte ablehnen, denn an diesem Vormittag musste meine Mutter einkaufen gehen und ich auf meine Geschwister, Schwester Rita, 2 Jahre, und Bruder Franz, 7 Jahre, aufpassen. Neben mit stand Norbert Dirmeier, der ebenfalls Ministrant beim Frühgottesdienst war, zu dem sagte Kooperator Maier: "Dann kommst du zu mir!" Dieser sagte gezwungenermaßen zu und somit war für mich alles erledigt und ich ging nach Hause.
Gegen 11.40 Uhr hörte ich Motorenlärm von Flugzeuge und eilte sofort vor unser Haus. Ich zählte die Flugzeuge und merkte nicht, dass meine Mutter vom Einkaufen zurück kam. Nach 96 Flugzeugen hörte ich, dass sich der Motorenlärm steigerte und es gewaltig krachte. Beim Blick nach Nittenau, Richtung Bergham, sah ich nur Rauch und Staub. Dieses Inferno kam immer näher zum Markt. Der Kirchturm war durch den Rauch und Qualm nicht mehr zu sehen. Ich bin dann aus Angst ins Haus gelaufen. Als die Bombardierung und der Fluglärm zu Ende waren, sagte ich zu meiner Mutter: "Ich laufe schnell nach Nittenau" (von unserem Haus bis zum Marktplatz ca. 1 km). Gesagt, getan - ich lief zur Ortsmitte nach Nittenau und sah bereits beim Schuhgeschäft Stangl (Engelbert) Dachziegel und Glas auf der Straße liegen. auf dem Weg zur Kirche sah ich in der St. Wolfgangstraße einen großen Trümmerhaufen liegen. Ich marschierte weiter zur Kirche und dem Pfarrhof, die zu meinem Entsetzen sehr in Mitleidenschaft gezogen worden waren."
30 Menschen verloren bei dem Bombenangriff ihr Leben, darunter zahlreiche Kinder:
- Birk Lina (Bergham)
- Brüske Julius (Nittenau, verstorben in Schwandorf)
- Dirmeier Norbert (Ministrant) (Nittenau)
- Fischer Elisabeth (Bergham)
- Kagerer Anna (Bergham)
- Kastner Katharina (Bergham)
- Kestler Heinrich Martin (Nittenau)
- Kulzer Richard (Mesnersohn) (Nittenau)
- Loritz Siglinde (Nittenau)
- Meier Alfons (Kooperator) (Nittenau)
- Michl Franz (Bergham, verstorben in Schwandorf)
- Michl Margareta (Bergham)
- Michl Josefa (Bergham)
- Michl Hedwig (Bergham)
- Obermeier Martha (Bergham)
- Obermeier Renate (Bergham)
- Prem Franz (Bergham)
- Schmid Klothilde (Bergham)
- Schütz Herlinde (Bergham)
- Seibold Anna Maria (Nittenau)
- Skopinski Sophie (Thann)
- Strahl Johann (Dieberg)
- Reichenberger Johann (Bergham)
- Utz Anna (Bergham)
- Gevatter Rosa Theresa (Nittenau)
- Gevatter Anna Maria (Nittenau)
- Gevatter Therese (Nittenau)
- Vogl Regina (Nittenau)
- Weber Franz (Bergham)
- Wolf Franziska (Kienleiten)
Bis heute ist der 28. Dezember 1944 einer der dunkelsten Tage in Nittenau. Bei einem Bombenangriff verloren 30 Menschen ihr Leben, darunter zahlreiche Kinder. 188 Bomben fielen an diesem Tag um 12.05 Uhr auf Nittenau und zerstörten die Stadt und Familien. Da sich dieses Ereignis heuer zum 80. Mal jährt, wird in der Stadtpfarrkirche und dem Platz zwischen der Kirche und dem Pfarrheim eine Gedenkveranstaltung veranstaltet.
Am Samstag, den 28.12.2024 findet daher um 11.30 Uhr ein ökumenischer Gottesdienst mit anschließender Ansprache des Bürgermeisters in der Kirche statt. Die gesamte Bevölkerung ist dazu eingeladen, innezuhalten und gemeinsam der Geschichte und den Todesopfern zu gedenken.